Letzte Aktualisierung am 4. September 2024 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Seit Anfang der 200er Jahre wurde die Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität (NZGS) diskutiert. Ursprünglich nahm man an, dass es sich um eine Erkrankung handelt, bei der Betroffene Symptome durch den Verzehr von Gluten erleben, ohne an Zöliakie oder einer Weizenallergie zu leiden1. Man sprach auch manchmal von der Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Sensitivität. Es wurden auch andere Auslöser in Betracht gezogen, nicht nur das Gluten. FODMAPs, ATI oder verschiedene Proteinbestandteile wurden und werden diskutiert 2–4. Eine weitere Hypothese ist, dass eine geschwächte Darmbarriere eine Rolle spielen könnte5.
In der aktuellen Leitlinie zur Zöliakie wird daher empfohlen, den Begriff der Nicht-Zöliakie-Weizen-Sensitivität (NZWS) statt Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität (NZGS) zu verwenden 6.
Was löst nun die Beschwerden aus?
Dies bleibt weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Bisher wissen wir nur, dass die Beschwerden nicht durch einen einzelnen Stoff wie Gluten, FODMAPs, ATI oder Fruktane ausgelöst werden. Wir wissen aber auch, dass der einseitige Verzicht auf diese Stoffe eher schlecht als gut für Betroffene ist. Wer sich zum Beispiel FODMAP-arm ernährt erfährt zwar kurzfristig Besserung, aber die Lebensqualität wird stark (und unnötig) eingeschränkt und das Darmmikrobiom verarmt7. Auf Dauer schadet das mehr, als es hilft.
Es wurde oft empfohlen, anstelle von hochgezüchtetem Weizen alte Weizensorten wie Dinkel, Einkorn oder Emmer zu verwenden. Diese Empfehlung lässt sich wissenschaftlich jedoch nicht belegen8.
Diagnose und Therapie
Die Diagnose von NCGS ist schwierig, da es keinen spezifischen Test dafür gibt. Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose, bei der zunächst Zöliakie6 und Weizenallergie ausgeschlossen werden müssen. Häufig wird die Diagnose gestellt, wenn sich die Symptome unter glutenfreier Ernährung verbessern und nach Wiedereinführung von glutenhaltigen Nahrungsmitteln wieder auftreten. Außerdem soll zur „Erkennung reproduzierbarer Zusammenhänge […] ein Ernährungs- und Symptomtagebuch geführt werden“6.
Die Empfehlung der Therapie ist derzeit eine individuelle Ernährungstherapie. Dabei wird eine symptom-orientierte Diät „mit Meidung bzw. Reduzierung individuell relevanter Auslösefaktoren“6 erarbeitet die individuell auf den jeweiligen Betroffenen ausgerichtet ist. Diese Therapie funktioniert jedoch nur in Zusammenarbeit mit einer staatlich anerkannten und gut ausgebildeten Ernährungsfachkraft und ist mit Kosten verbunden. Eine strikte Vermeidungsdiät bestimmter Inhaltsstoffe wird von den Fachgesellschaften nicht empfohlen.
Quellen
1. Reese, I. et al. Non-celiac gluten/wheat sensitivity (NCGS)—a currently undefined disorder without validated diagnostic criteria and of unknown prevalence: Position statement of the task force on food allergy of the German Society of Allergology and Clinical Immunology (DGAKI). Allergo J. Int. 27, 147–151 (2018).
2. Biesiekierski, J. R. et al. No Effects of Gluten in Patients With Self-Reported Non-Celiac Gluten Sensitivity After Dietary Reduction of Fermentable, Poorly Absorbed, Short-Chain Carbohydrates. Gastroenterology 145, 320-328.e3 (2013).
3. Dale, H. F., Hatlebakk, J. G., Hovdenak, N., Ystad, S. O. & Lied, G. A. The effect of a controlled gluten challenge in a group of patients with suspected non‐coeliac gluten sensitivity: A randomized, double‐blind placebo‐controlled challenge. Neurogastroenterol. Motil. 30, e13332 (2018).
4. Nordin, E., Brunius, C., Landberg, R. & Hellström, P. M. Fermentable oligo-, di-, monosaccharides, and polyols (FODMAPs), but not gluten, elicit modest symptoms of irritable bowel syndrome: a double-blind, placebo-controlled, randomized three-way crossover trial. Am. J. Clin. Nutr. 115, 344–352 (2022).
5. Uhde, M. et al. Intestinal cell damage and systemic immune activation in individuals reporting sensitivity to wheat in the absence of coeliac disease. Gut 65, 1930–1937 (2016).
6. Felber, J. et al. Aktualisierte S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS): Dezember 2021 – AWMF-Registernummer: 021-021. Z. Für Gastroenterol. 60, 790–856 (2022).
7. Schumann, D. et al. Low fermentable, oligo-, di-, mono-saccharides and polyol diet in the treatment of irritable bowel syndrome: A systematic review and meta-analysis. Nutrition 45, 24–31 (2018).
8. Zimmermann, J., Longin, F. H., Schweinlin, A., Basrai, M. & Bischoff, S. C. No Difference in Tolerance between Wheat and Spelt Bread in Patients with Suspected Non-Celiac Wheat Sensitivity. Nutrients 14, 2800 (2022).