In diesem Post versuche ich das Mikrobiom und die Mikrobiota zu erklären. Ich versuche zu zeigen, was das ist und warum das Darmmikrobiom wichtig für uns ist. Ist es sinnvoll, seine Darmflora zu testen und aufzubauen? Ich beschreibe am Ende, wie man das Darmmikrobiom, die sogenannte Darmflora, positiv beeinflussen kann, um keine Dysbiose zu bekommen. Ohne Nahrungsergänzungsmittel, ganz natürlich. Sogar mit Intoleranzen.
Unser Körper: ein Zoo für Mikroorganismen
Diverse Mikroorganismen besiedeln unseren Körper. Vor allem unsere Oberflächen, die der Umwelt ausgesetzt sind, sind durch Bakterien, Viren, Einzeller, Milben* oder Pilze besiedelt. Das sind unsere Haut, die Atemwege oder der Magen-Darm-Trakt. Die sogenannte Koevolution, also die gemeinsame Evolution von uns und den zu gehörenden Mikroorganismen, hat dazu geführt, dass dieser Mikrobenzoo vielfältige Auswirkungen auf alle möglichen Aspekte unserer biologischen Funktionen habt.
Funktionen der Mikroorganismen
Die Gesamtheit aller Mikroorganismen die auf und in uns leben, also aller Bakterien, Pilze, Viren und Co., nennt man Mikrobiota. Die Gesamtheit ihre Gene nennt man Mikrobiom. Früher nannte man zum Beispiel alle im Darm lebenden Bakterien einfach „Darmflora“. Heute nennt man das richtigerweise „Darmmikrobiom“, weil wir heute wissen, dass es eben mehr als „nur“ Bakterien dort gibt.
Die Mikrobiota ist also die Gesamtheit der Lebewesen in einer Umwelt (z.B. im Darm), das Mikrobiom ist die Gesamtheit ihrer Gene (z.B. das Darm-Mikrobiom).
Die Funktionen der Mikrobiota für unser Wohlbefinden sind weitreichend. Beispielsweise dienen sie uns zum Schutz vor lokalen Infektionen. Das geschieht zum einen durch die Konkurrenz um Besiedlungsorte, die direkte Produktion von Hemmstoffen oder die Verknappung von Nährstoffen, die von krankmachenden, wir nennen das „pathogenen“, Mikroorganismen benötigt würden. Aber die Mikroben sorgen auch für die Vorbereitung der Immunabwehr auf einen Angriff „böser“ Mikroorganismen. Kommen wir also mit einem „bösen“ Bakterium in Kontakt, so hat es keine Chance uns zu besiedeln und krank zu machen. Tagtäglich passiert das übrigens. Wir kommen ständig mit geringen Mengen pathogener Keime in Kontakt. In der U-Bahn, am Schreibtisch, beim Schuhe anziehen. Überall. Wir sind aber gut geschützt.
Die Mikroben beeinflussen nicht nur ihre lokale Umgebung, sondern auch entfernte Gewebe im Körper. Ihre Wirkung entfalten diese oberflächlichen Mikroorganismen also durchaus im gesamten menschlichen Körper. Diese „guten“ Mikroorganismen, spielen also eine wesentliche Rolle beim Schutz vor Infektionen, bei der Gestaltung und Regulierung von Immunreaktionen und bei der Aufrechterhaltung unserer Immunhomöostase.
Ein gesundes Darmmikrobiom stellt Nährstoffe für die Darmzellen bereit, verhindert das Einwandern pathogener Keime, stärkt die Darmbarrierefunktion, moduliert das Immunsystem und ist an der Synthese diverser Vitamine und hormonell aktiver Botenstoffe beteiligt. Es hilft uns dabei, zu überleben.
Dysbiose: Wenn das Gleichgewicht durcheinander kommt
Kommt es nun aber zu einem Ungleichgewicht oder einer Störung dieses Mikroben-Schutzschildes, so nennen wir das Dysbiose. Pathogene Keime haben dadurch größerer Chancen zu überleben und sich zu vermehren. Das kann, auch bei intaktem Schutzschild, durch eine Übermacht an pathogenen Keimen passieren. Klassische bakterielle Magen-Darm-Grippen verbreiten sich so. Je geschwächter das Schutzschild ist, desto weniger pathogene Keime brauchen wir, um krank zu werden. Daher sollte man im Haushalt Flächen wie Küchenarbeitsplatten oder Schreibtische nicht desinfizieren, da man hier nur Platz für pathogene Keime schafft. Besser wäre es, Putzmittel zu verwenden, die „gute“ Keime beinhalten und diese auf den Flächen verteilen. Man nennt das „effektive Mikroorganismen“.
Dysbiose im Darm
Dasselbe Bild haben viele Menschen im Kopf, wenn sie daran denken ihre Darmflora aufbauen zu wollen. Doch so einfach ist das nicht und der Darm ist nun mal kein Schreibtisch.
Eine Dysbiose im Darm hat verschiedene Effekte. Die Darmbakterien sorgen ja für ein Gleichgewicht im Darm, sorgen für ein Verdrängen der pathogenen Keime. Sie sorgen dafür, dass die Schleimhaut intakt bleibt, gut heilt und ihre Funktion ausüben kann. Sie produzieren Fettsäuren, die unsere Darmzellen als Energie nutzen und sie unterstützen das Immunsystem. Daher ist eine gut funktionierende und diverse Darmmikrobiota sehr wichtig. Divers heißt, dass es viele verschiedene Arten in auseichender Anzahl gibt. Man kann das mit den Monokulturen in der Landwirtschaft vergleichen. Auch sie sind anfälliger für Krankheiten und andere Probleme. Wir wollen im Darm keine Monokultur, sondern einen diversen Mikrobenzoo.
Das Wissen über das Mikrobiom nimmt rasch zu. Therapien zur Veränderung der Mikrobiota werden aktuell beforscht und teilweise schon in der klinischen Praxis eingesetzt. Das am besten funktionierende Heilmittel, um den Mikrobenzoo divers zu machen und divers zu halten ist sehr einfach. Es nennt sich: Ausgewogene Ernährung.
Dysbiose bekämpfen: Meine Tipps
Hohe Dosen an gesättigten Fettsäuren und Zucker, allerdings über einen längeren Zeitraum konsumiert, können zum Beispiel zu so einer Dysbiose führen. Ebenso einseitige Ernährung, wie sie auch bei Personen mit Intoleranzen oft zu sehen ist. Ballaststoffe hingegen helfen dabei, die Diversität aufrecht zu erhalten. Tatsächlich ist eine Einnahme von Probiotika gar nicht nötig, wenn man sich ausgewogen ernährt. Und das ist auch mit Intoleranzen möglich. Man darf nur, vor allem als fruktoseintolerante Person, keine Angst vor Ballaststoffen wie Inulin und Oligofructose haben. Ich selbst habe vor einiger Zeit begonnen wieder kleine Mengen bewusst in meine Diät einzuführen. Anfänglich hatte ich arge Blähungen, doch nach wenigen Wochen verbesserte sich das und heute, habe ich keinerlei Probleme mehr damit, meine Verdauung ist so gut wie nie zuvor und meine Stimmung hat sich ebenfalls deutlich gebessert. Ich habe hier mal zusammengefasst, was mir geholfen hat.
- Ich versuche pflanzenbasierte Nahrung zu bevorzugen. Das ist dank der Fruktoseintoleranz nicht immer möglich, aber es funktioniert gut. Ich trinke im Kaffee z.B. Hafermilch statt laktosefreier Kuhmilch. Meine Regel: Wenn es wo pflanzenbasierte Alternativen gibt die verträglich sind, dann ziehe ich sie vor. Zum Beispiel in der Uni-Mensa: Es gibt Rindfleischeintopf oder Sojaschnetzel-Geschnetzeltes. Dann nehme ich das Soja. Ist die vegane Speise aber unverträglich, z.B. Gemüseauflauf mit Auberginen, dann nehme ich die Fleischspeise. Gibt es Cappuccino auch mit Hafermilch, nehme ich ihn statt der Kuhmilchvariante. Das funktioniert recht gut.
- Ich esse täglich Naturjoghurt, da das Bakterienkulturen beinhaltet. Ich esse Soja Skyr bzw. Joghurt, da es keine Kohlenhydrate hat, laktosefrei und fruktosefrei ist.
- Ich esse weniger Kohlenhydrate und wenn, dann kaum noch Weißmehle, fast nur noch Vollkornmehle. Denn die kurzkettigen Kohlenhydrate sind ein Nährboden für die „bösen“ Bakterien.
- Ich esse kaum noch zugesetzten Zucker oder Süßigkeiten. Dadurch kann ich die Menge an Gemüse erweitern, die ich vertrage. Denn mein Fruktosefass wird nicht durch Süßigkeiten gefüllt, sondern eben durch Gemüse.
- Ich esse Bohnen! Zwei- bis dreimal die Woche esse ich ca. drei Esslöffel Bohnen bzw. Kichererbsen in meinem Salat. Diese Pflanzen enthalten Ballaststoffe (Präbiotika), die Nahrung für die guten Bakterien sind. Ich habe das langsam gesteigert und mittlerweile keine Blähungen mehr deshalb.
- Ich esse wieder Fisch… zumindest mal temporär… Ich habe da ja so meine ethischen Probleme damit.
- Ich esse wenig Fleisch, nur ca. 400 g pro Woche. Ich bevorzuge weißes Fleisch. Auch das esse ich nur, weil ich mit meiner Fruktoseintoleranz noch keinen Weg gefunden habe, das nicht zu essen.
- Fleischersatzprodukte sind bei Fruktoseintoleranz meist gut verträglich. Da es aber hochverarbeitete Lebensmittel sind, versuche sie aber dennoch nicht allzu oft zu essen.
- Ich esse verschiedene Käsesorten. Wichtig ist das, weil der Schimmel und die Bakterien des Käses einen positiven Einfluss auf das Darmmikrobiom hat. Über verschiedene hochwertige Käsesorten kann man sich sehr leicht und vor allem äußerst geschmackvoll den Bakterienzoo im Darm diverser machen.
- Ich snacke täglich eine Hand voll Erdnüsse (die mit der Schale, nicht geröstet und gesalzen), Walnüsse und Mandeln. Sie haben einen positiven Einfluss auf das Darmmikrobiom und sind gut verträglich. Auf meinen Salat streue ich gern Kürbiskerne oder Sonnenblumenkerne.
- Obst: Ich esse 2-3 Bananen pro Woche, im Winter mal eine Mandarine. Äpfel habe ich mal probiert aber schnell bereut… davon lasse ich wieder die Finger.
Das ist natürlich keine Ernährungs- oder Diätempfehlung, es zeigt, was mir geholfen hat. Vielleicht inspiriert es den ein oder anderen, trotz Intoleranz seine Diät zu überdenken, diverser zu machen und so sein Darmmikrobiom positiv zu beeinflussen.
Darmfloraanalyse. Eine Wiederholung
Ich habe das schon oft geschrieben, daher sei das hier nur wiederholt: Darmfloraanalysen und auf deren Ergebnis aufbauende Versuche über Probiotika gewisse Bakterienarten anzusiedeln, ist nicht sinnvoll. Es gibt nämlich keine anerkannten Grenzwerte für die Häufigkeit bestimmter Mikroorganismen. Es gibt auch keine Werte für die Diversität, ab der gesundheitsschädliche Auswirkungen zu erwarten wären. Die Bestimmungsmethoden der Tests sind allemal oberflächlich und nicht ausreichend für eine gute Bewertung und unser Mikrobiom hat die Tendenz zur Ausgangssituation zurück zu kehren, wenn man die Einnahme der Probiotika beendet.
Ich hoffe der Blogartikel konnte dir ein wenig dabei helfen, das komplexe System Darmmikrobiom und Mikrobiota am menschlichen Körper zu verstehen.
weiterführende Literatur / Quellen
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