Letzte Aktualisierung am 18. März 2025 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Histamingehalte von Nahrungsmitteln
Die Frage „Was essen bei Histaminintoleranz?“ wird oft gestellt, ist jedoch nicht pauschal zu beantworten. Verschiedene Faktoren spielen eine Rolle: Zum einen der Histamingehalt eines Lebensmittels, der stark variieren kann, zum anderen der Gehalt an biogenen Aminen und anderen relevanten Stoffen. Auch die Verzehrmenge sowie der Reife- und Verarbeitungsgrad eines Lebensmittels sind entscheidend. Im Folgenden erklären wir dir diese Faktoren genauer und stellen dir eine umfassende Lebensmittelliste in Form einer einfachen Handy-App zur Verfügung. Diese berücksichtigt nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch die Erfahrungen hunderttausender Betroffener, um dir die bestmögliche Orientierung zu bieten.
Die App heißt „Frag Ingrid“ und ist kostenfrei für zwei Abfragen pro Tag. Wer mehr abfragen möchte wird gebeten einen kleinen Solidaritätsbeitrag zu leisten. Beim Jahresabo hast du 7 kostenfreie Tage dabei. Du kannst die App also kostenfrei ausgiebig testen. Du kannst mit der App auch verpackte Lebensmittel scannen und du kannst über die Community-Bewertung sehen, wie andere Betroffene das Produkt vertragen.
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Histamingehalt von Lebensmitteln: Grundlagen
Wenn wir hier von Histamingehalt sprechen, meinen wir immer den Gehalt an biogenen Aminen, die für die Histaminintoleranz relevant sind. Das sind u.a. Histamin, Tyramin, Putrezin und Kadaverin.

Beispiel 1: Histaminbelastung von Fisch
- Fangfrischer Fisch (weißer Fisch) – histaminarm
- derselbe Fisch ungekühlt gelagert zwei Stunden später: histaminhaltig
- derselbe Fisch ungekühlt bis wenig gekühlt einen Tag später: stark histaminhaltig
Noch ein wichtiger Hinweis: Auch hier gilt: Grundsätzlich gibt es Anhaltspunkte die bei allen Betroffenen gelten, aber es gibt auch individuelle Grenzen und Situationen bzw. körperliche Zustände zu beachten.
Warum variieren die Histaminwerte in Lebensmittellisten?
Viele Menschen mit Histaminintoleranz fragen sich: Warum unterscheiden sich die Histaminangaben in verschiedenen Lebensmittellisten so stark? Das macht es oft schwierig, eine klare Antwort auf die Frage zu finden: „Was darf ich bei Histaminintoleranz essen?“
Die Erklärung ist relativ einfach: Der Histamingehalt in Lebensmitteln schwankt stark – anders als beispielsweise der Laktosegehalt. Faktoren wie Lagerung, Reifung, Verarbeitung oder das Alter des Lebensmittels beeinflussen den Histaminwert erheblich.
Deshalb hat sich die Praxis, pauschale Histaminwerte anzugeben, über die Jahre verändert. Stattdessen sind Verträglichkeitslisten sinnvoller, da sie nicht nur Histamin, sondern auch andere biogene Amine und relevante Inhaltsstoffe berücksichtigen. Zudem fließen übliche Verzehrmengen, Zubereitungsarten und individuelle Toleranzenin die Bewertung ein. Am Ende sollte ein Ampelsystem stehen, das eine schnelle und zuverlässige Einordnung gewährleistet.
Unsere wissenschaftlich fundierte Histamin-Verträglichkeitsliste
Unsere Histamin-Verträglichkeitsliste basiert auf umfassenden wissenschaftlichen Daten. Bereits 2012 haben wir als erste Institution weltweit einen Verträglichkeitsindex entwickelt. Dabei wurden übliche Verzehrmengen, Lagerungsbedingungen und Herstellungsprozesse berücksichtigt, um eine möglichst realistische Einschätzung der Verträglichkeit zu ermöglichen. Schon damals waren die Erfahrungen der betroffenen wichtige Grundlage der Daten.
Im Laufe der Jahre – oder besser gesagt Jahrzehnte – haben wir diese Daten kontinuierlich optimiert und verfeinert. So bieten wir heute eine der detailliertesten und genauesten Histamin-Verträglichkeitslisten weltweit – basierend auf wissenschaftlicher Forschung und praktischer Erfahrung. Da sich unsere Daten immer weiter entwickeln, haben wir eine App programmiert, mit der diese Daten jedem zugänglich gemacht werden konnten.
meistens verträglich bei Histaminintoleranz
- Frischkäse: junger Gouda, Frischkäse, Butterkäse, Mascarpone, Mozzarella, Ricotta
- pasteurisierte Milch (laktosefreie Milch kann hin und wieder Probleme machen; der Grund ist unbekannt)
- frisches Fleisch (frisch, gekühlt, gefroren) – mit Schweinefleisch haben einige Betroffene Probleme
- Fangfrischer Fisch (nicht Thunfisch!)
- Frisches Obst: Melone, Heidelbeeren, Preiselbeeren, Litchi, Mango, Khaki, Rhababer, Blaubeeren, Aprikosen, Äpfel
- Frisches Gemüse: Grüner Salat, Kohlsorten, Rote Beete, Kürbis, Zwiebel, Radieschen, Rettich, Rapunzel, Paprika, Karotten, Brokkoli, Kartoffeln, Gurke, Lauch, Zucchini, Mais, Spargel, Knoblauch
- Getreide/Beilagen: Reis, Mais, Dinkel, Quinoa, Amaranth, Hafer, Hirse, Kastanien
- Teigwaren: Dinkel-, Mais-, Reisnudeln, Mais-Reis-Knäckebrote, Reiswaffeln, Brot (nicht Sauerteigbrot)
- Milchersatz: Reis-, Hafer-, Kokosmilch (nicht Sojamilch)´
- alle frischen Obstsäfte, alle Gemüsesäfte (außer Sauerkrautsaft oder fermentierte Säfte)
- Kräutertees
- Hühnereier und Wachteleier sind gut verträglich; Früher dachte man Hühnereier seien nicht verträglich, aber das stimmt nicht. Hühnereiweiß ist nur ungekocht schlechter verträglich, gekocht meist unproblematisch
- Essig: Alkoholessig, Branntweinessig, Weingeistessig, Apfelesseig, Essigessenz – (Balsamico und Weinessige sind meistens nicht verträglich)
Nahrungsmittel die schlecht verträglich sind
- Eingelegte/konservierte Lebensmittel
- Käse: vor allem Hartkäse – je älter, also je länger gereift, desto mehr biogene Amine
- Geräuchertes Fleisch, Schinken, Salami …
- die meisten Fischprodukte, v.a. Fischkonserven
- Bohnen und Hülsenfrüchte (besonders Kichererbsen und Sojabohnen, auch Erdnüsse; Gedämpfte grüne Bohnen sind besser verträglich)
- Sojaprodukte (Sojamilch, Sojasahne, Tofu, Sojasaucen …)
- Sauerkraut und alles fermentierte
- Fertiggerichte
- Einige Obstsorten (Bananen, Birnen, Auberginen, Orangen, Kiwi …)
- Alkoholische Getränke / vergorene Getränke; manche Weine werden gut vertragen
- Schwarzer Tee
- Schokolade, Kakao – in größeren Mengen
- Balsamico, Rotweinessig, Weissweinessig
- Hefe/ Bäckerhefe / Bierhefe sind gut verträglich, aber sie wandeln beim Gären Histidin in Histamin um und erhöhen somit nochmals den Histaminspiegel im Produkt (siehe unten)
Histamin und Lebensmittel – ein paar vertiefende Infos
Nahrungsmittel, die Histamin freisetzen (Histaminliberatoren)
Lange Zeit wurden bestimmte pflanzliche Lebensmittel als Histaminliberatoren eingestuft – also als Lebensmittel, die die Freisetzung von körpereigenem Histamin fördern sollen. Dazu zählen unter anderem Zitrusfrüchte, Nüsse, Tomaten, Erdbeeren, Bananen und Ananas. Doch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse stellen diese Hypothese zunehmend infrage.
Der Hauptgrund: Viele dieser Lebensmittel enthalten auch biogene Amine, die im Körper ähnliche Reaktionen hervorrufen können wie Histamin selbst. Ein direkter Nachweis, dass diese Lebensmittel tatsächlich körpereigenes Histamin freisetzen, fehlt bisher. Stattdessen vermuten Expert*innen, dass individuelle Unverträglichkeiten oder andere Stoffe in den Lebensmitteln – etwa Salicylate oder Lektine – für die Symptome verantwortlich sein könnten.
Wer an Histaminintoleranz leidet, sollte weniger auf die alte Liberatoren-Theorie setzen, sondern individuelle Verträglichkeiten testen.
Diaminoxidase blockierende Nahrungsmittel – nicht verträglich
- Alkohol
- Kakao
- schwarzer Tee, grüner Tee, Mate Tee
- Energy Drinks
Spezialfall: Weizen
Viele Betroffene berichten davon, dass die Weizen schlecht vertragen, Roggen und Dinkel hingegen gut. Dieses Phänomen ist bisher nicht geklärt. Weizen kann die Säureproduktion im Magen erhöhen, was bei Patienten mit Sodbrennen Symptome auslösen kann. Möglicherweise liegt hier die Ursache in diesem Phänomen, d.h. das Problem liegt nicht am Histamin, sondern an Sodbrennen. Andererseits könnte es auch am ATI liegen, einem Stoff den moderne Hochleistungsweizen stärker produzieren, als alte Sorten. Auch möglich ist, dass dieses Phänomen meist bei Brot beobachtet wird. Das Problem ist dann die Hefe, die beim Gehen lassen des Teiges Histamin bildet. Woran es also liegt wissen wir nicht. Am besten ist es daher, man testet es aus und findet die eigene Verträglichkeit von Weizenprodukten heraus.
Zitronensäure und Histaminintoleranz: Wissenschaft oder Mythos?
Die weit verbreitete Annahme, dass Zitronensäure (E 330) bei Histaminintoleranz problematisch ist, beruht auf Spekulationen, nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zitronensäure enthält kein Histamin, fördert dessen Freisetzung nicht und wirkt nach aktuellem Wissensstand nicht als Histaminliberator. Häufig wird sie in hochverarbeiteten Lebensmitteln verwendet, die selbst histaminreich sein können – weshalb Symptome fälschlicherweise der Zitronensäure zugeschrieben werden. Zudem gibt es Einzelfallberichte, die eine Unverträglichkeit mit Rückständen des Produktionsorganismus Aspergillus niger in Verbindung bringen, doch wissenschaftliche Beweise fehlen. Wer nach dem Verzehr von Zitronensäure Symptome verspürt, sollte individuelle Unverträglichkeiten oder andere Inhaltsstoffe als Ursache in Betracht ziehen. Im Zweifel hilft eine gezielte Ernährungsberatung.
Du solltest auf jeden Fall mit einem Ernährungsprofi (z.B. Diätolog*in) eine genaue Diät erarbeiten!
Quellen u.a.
Jarisch, R.,2004: Ärztemagazin 08/2004, Histamin-Intoleranz
Jarisch, R. „Histaminunverträglichkeit“, Thieme Verlag TB 2. Auflage
Schmutz Helmut (Autor); Abbot, G.; Lieners C.; Mayer, I.; et.al; „Nahrungsmittelunverträglichkeit (Histamin Intoleranz)“, Sachbuch, Wien 2006
Zechmann, M.; Masterman, G; „Erste Hilfe bei Fruktoseintoleranz, Laktoseintoleranz und Histaminintoleranz“, Berenkamp Verlag, 3. Auflage 2014
nmidb.de und nmi-Portal (eigene Studien)
Sánchez-Pérez, S. et al. Biogenic Amines in Plant-Origin Foods: Are they Frequently Underestimated in Low-Histamine Diets? Foods 7, 205 (2018).
Höhler, D. & Pallauf, J. Untersuchungen zum Einfluß von Citronensäure auf die Mineralstoffverwertung beim Ferkel anhand einer Mais‐Soja‐Diät mit und ohne Zn‐Ergänzung. J. Anim. Physiol. Anim. Nutr. 69, 133–142 (1993).
Kramer, M., Welt, T. & Fux, V. Komplementärmedizinische Basisgenetik: der Histaminabbau. Z. Für Orthomolekulare Med. 22, 27–33 (2024).
Sweis, I. E. & Cressey, B. C. Potential role of the common food additive manufactured citric acid in eliciting significant inflammatory reactions contributing to serious disease states: A series of four case reports. Toxicol. Rep. 5, 808–812 (2018).