Letzte Aktualisierung am 4. März 2025 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Schritt-für-Schritt-Erklärung
Die Diagnose einer Histaminintoleranz (HIT) ist ein vielschichtiger Prozess, der eine gründliche Untersuchung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt bzw. Ärztin und Patient*in erfordert. Die Symptome der Histaminintoleranz sind oft unspezifisch und können leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden, weshalb eine präzise Diagnostik wichtig ist.
Symptomtagebuch führen
Ein erster wichtiger Schritt bei der Diagnose ist das Führen eines detaillierten Symptomtagebuchs, das über ca. zwei Wochen geführt werden sollte. In diesem Tagebuch notierst du genau:
- Ernährung: Was hast du gegessen und getrunken?
- Lebensstil: Hast duSport gemacht oder andere körperliche Aktivitäten ausgeübt?
- Psychische und körperliche Verfassung: Wie hast du dich gefühlt, sowohl psychisch als auch körperlich? Gab es Stressfaktoren?
- Zyklusphasen: Bei Frauen sollte auch der Menstruationszyklus berücksichtigt werden, da hormonelle Schwankungen die Symptome beeinflussen können.
- Symptome und deren zeitliche Abfolge: Wann haben die Symptome begonnen, und wie haben sie sich im Laufe der Zeit entwickelt?
Dieser Schritt hilft der Ärztin bzw. dem Arzt, Muster und mögliche Zusammenhänge zwischen bestimmten Lebensgewohnheiten und Symptomen zu erkennen. Auch Apps zur Symptomverfolgung können hier nützlich sein.
Ausschlussverfahren – Andere Erkrankungen untersuchen
Eine der größten Herausforderungen bei der Diagnose einer Histaminintoleranz ist das Ausschließen anderer möglicher Ursachen für die Beschwerden. Es gibt viele Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen können, darunter:
- Allergien (z. B. Pollen- oder Lebensmittelallergien)
- Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS)
- Nahrungsmittelintoleranzen wie Laktose– oder Fruktoseintoleranz
- Gastrointestinale Erkrankungen wie Reizdarmsyndrom oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn)
Diese Erkrankungen müssen sorgfältig abgeklärt werden, bevor die Diagnose Histaminintoleranz gestellt werden kann.
Bluttests – DAO-Aktivität und Histaminspiegel
Bluttests zur Bestimmung der Diaminoxidase (DAO)-Aktivität oder des Histaminspiegels werden häufig zur Diagnose von Histaminintoleranz verwendet, sind aber mit Vorsicht zu genießen. DAO ist ein Enzym, das für den Abbau von Histamin im Körper verantwortlich ist. Ein DAO-Wert unter 10 U/mL kann auf eine Histaminintoleranz hinweisen. Allerdings ist die DAO-Aktivität allein kein zuverlässiger Indikator. Zudem gibt es keine klare Korrelation zwischen DAO-Werten und den Symptomen der Histaminintoleranz.
Die Messung des Histaminspiegels im Blut wird ebenfalls durchgeführt, liefert jedoch auch keine eindeutigen Ergebnisse. Es ist unklar, ob das im Blut gemessene Histamin aus der Nahrung stammt oder vom Körper selbst produziert wird. Zudem gibt es keine zuverlässigen Studien, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen erhöhten Histaminwerten im Blut und Histaminintoleranz-Symptomen bestätigen.
Gastrointestinale Symptome nach der Nahrungsaufnahme und ein verminderter DAO-Spiegel unter 10 U/mL könnten ein Hinweis auf eine HIT sein. Dies könnte die aktuell sinnvollste diagnostische Maßnahme bezüglich Bluttests sein.
Wichtig: Bluttests alleine können keine sichere Diagnose der Histaminintoleranz liefern!
Eliminationsdiät
Zur Bestätigung der Diagnose wird häufig eine Eliminationsdiät empfohlen. Während dieser Diät verzichtet man für einen Zeitraum von 2-3 Wochen auf histaminreiche Lebensmittel, wie z. B. gereifte Käsesorten, Wurstwaren, alkoholische Getränke und fermentierte Nahrungsmittel. Wenn sich dieSymptome in dieser Zeit deutlich bessern, ist das ein starker Hinweis auf eine Histaminintoleranz.
Provokationstest unter ärztlicher Aufsicht
In einigen Fällen kann ein Provokationstest sinnvoll sein. Dabei werden unter ärztlicher Aufsicht gezielt histaminreiche Lebensmittel verabreicht, um eine Reaktion hervorzurufen. Dies hilft, die Histaminempfindlichkeit zu bestätigen. Ein solcher Test kann jedoch starke Symptome auslösen und sollte daher mit Vorsicht durchgeführt werden.
Andere diagnostische Tests
Es gibt auch andere Tests, wie Hauttests, Stuhltests oder Urintests, die jedoch keine zuverlässigen Ergebnisse liefern. Der Histamingehalt im Urin kann durch eine proteinreiche Ernährung erhöht sein, und der Histamingehalt im Stuhl ist nicht aussagekräftig, da Bakterien im Darm auch Histamin produzieren können. Zudem kann nicht zuverlässig gesagt werden, ob oral aufgenommenes Histamin im Darm zu Symptomen führt oder einfach ausgeschieden wird.
Alternative verfahren wie TCM-Testungen, Handauflegen, Pendeln, Haaranalysen und dergleichenm sind selbstverständlich auch keine validen Methoden.
Die Diagnose einer Histaminintoleranz erfordert eine umfassende Untersuchung und eine genaue Beobachtung der Symptome. Neben der Anamnese, der Symptomdokumentation und dem Ausschlussverfahren ist eine Kombination aus Bluttests und einer Eliminationsdiät wichtig. Da die Symptome der Histaminintoleranz sehr unterschiedlich und unspezifisch sein können, bleibt die Diagnose oft eine Herausforderung. Es ist wichtig, dass der diagnostische Prozess gemeinsam mit einer erfahrenen Ärztin oder einem erfahrenen Arzt durchgeführt wird, um eine klare und fundierte Diagnose zu erhalten. Ein Bluttest alleine reicht nicht für die Diagnose.
Quellen
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