Letzte Aktualisierung am 8. Dezember 2023 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Histaminintoleranz, auch Histaminunverträglichkeit genannt, ist der Zustand, wenn zu viel Histamin im Körper ist und folglich Probleme auftreten. Histamin ist ein biogenes Amin und ein sehr wichtiger Stoff, der im Körper vorkommen muss und dort wichtige Aufgaben erfüllt. Besteht aber ein Ungleichgewicht von durch die Nahrung aufgenommenem Histamin und Histamin abbauenden Enzymen, so kann es zu Symptomen kommen. Das nennt man dann Histaminintoleranz. Dieses Ungleichgewicht kann durch eine verringerte Aktivität des Enzyms Diaminoxidase (DAO), sowie durch erhöhte Aufnahme von biogenen Aminen durch die Nahrung, durch Produktion biogener Amine von körpereigenen Darmbakterien und durch externe Inhibitoren (also Hemmstoffe) entstehen. Auch ein anderes Enzym (HNMT, siehe unten), das im Körper Histamin abbaut, kann eine Rolle spielen. Die Folge sind Symptome wie Hautrötungen, Bauchschmerzen, Durchfälle, usw. verursachen. Wobei nicht alle diese Auslöser zeitgleich auftreten müssen. Das Symptomspektrum ist dabei sehr variabel.
Häufigkeit der Histaminintoleranz
Die Histaminintoleranz tritt bei ca. 1-3% der Bevölkerung auf. Nach einer Studie des nmi-Portals ist die Dunkelziffer jedoch sehr hoch, d.h. es sind vermutlich mehr Personen davon Betroffen. Laut einer Studie von Jarisch sind zirka 80% der Betroffenen Frauen, die meisten davon ab dem 40. Lebensjahr. In der Umfrage des nmi-Portals konnte diese Tendenz nicht verifiziert werden.
Zwei Arten von Histaminintoleranz
Histidin (eine natürliche Aminosäure) wird in der Nahrung durch Bakterien (oder Hefe) zu Histamin abgebaut. Dieses wird dann im menschlichen Körper durch die Enzyme Diaminoxidase (DAO, außerhalb der Zellen; zu finden in Dünndarm) bzw. N-Methyl-Transferase (HNMT, innerhalb von Zellen; zum Beispiel in der Leber) abgebaut. Enzyme sind Moleküle die dem Körper dabei helfen bestimmte Reaktionen auszuführen. Sie können z.B. andere Moleküle spalten oder dabei helfen ein Molekül in ein anderes umzuwandeln.
Typ Diaminoxidase – DAO
Ein gesunder Mensch produziert Diaminoxidase (DAO), sobald er Nahrung aufnimmt. Die DAO wird direkt in das Darmlumen, also den Bereich, wo auch die Nahrung hinkommt, abgegeben wird. Somit kann das Histamin bereits im Darm „neutralisiert“ werden. Dies funktioniert natürlich nur bis zu einer gewissen Grenze. Wird zuviel Histamin zugeführt (zum Beispiel verdorbene Nahrung – oft verdorbener Fisch), so kommt es auch bei einem gesunden Menschen zu den typischen Symptomen einer „Histaminvergiftung“. Man nennt das dann Lebensmittelvergiftung. Wird aber generell zu wenig DAO produziert, weil der Darm z.B. geschädigt ist, hat man schon bei geringen Mengen Histamin diese Symptome.
Das Enzym DAO benötigt die Hilfe von Kupfer und Vitamin B6 um richtig zu funktionieren. Bei einer Histaminintoleranz vom „Typ DAO“ ist die Aktivität der Diaminoxidase (DAO) eingeschränkt. Das kann auch sein, weil ein mangel an Kupfer oder B6 vorhanden ist. Dies lässt sich in einem Blutbild vom Arzt feststellen.
Achtung: Die DAO kann zwar im Blut, Stuhl oder Urin getestet werden, aber die dort gefunden Mengen können nicht zur Diagnose herangezogen werden!
DAO und Schwangerschaft
Frauen berichten immer wieder, dass ihre Histaminintoleranz während der Schwangerschaft verschwindet und nach der Geburt wieder auftaucht. Das liegt daran, dass DAO von Schwangeren in sehr großem Ausmaß gebildet wird. Die DAO wird hier vermehrt in den Blutkreislauf abgegeben, um das Kind vor möglichen Histamin-Überschüssen zu schützen.
Typ HNMT
Die HNMT kommt vermehrt in Organen wie Leber, Haut, Atemwege oder im Zentralnervensystem vor. Die HNMT inhibiert sich selbst, d.h. je mehr davon vorhanden ist, desto weniger ist sie aktiv. Dieser Mechanismus ist wichtig, da der Körper das Histamin regulieren will. Wir brauchen Histamin im Körper, daher will der Körper es nicht völlig abbauen, sondern eben nur regeln. Ist viel Histamin vorhanden, so entsteht viel HNMT. Je mehr HNMT, desto weniger Wirkung hat sie. Wird dann zusätzlich noch viel Histamin über die Nahrung aufgenommen oder durch andere Mechanismen im Körper freigesetzt, kann es zu einem Überschuss an Histamin kommen, der aber momentan nicht abgebaut werden kann, weil die HNMT sich selbst inhibiert. Bei diesem „Typ HNMT“ kommt es zu einer allmählichen und langsamen Ansammlung von Histamin im Körper. Die Symptomatik ist bei diesem Typ oft weniger auffällig, dafür länger andauernd.
Der Abbau des Histamins wird auch durch Vitamin C gefördert. Eine Einnahme von Vitamin C kann bei manchen Patienten eine Besserung der Symptome bringen. Bitte besprich eine Vitamin C Einnahme aber unbedingt mit deinem Arzt!
Quellen zu Histaminintoleranz (u.a.)
1) Jarisch, R.,2004: Ärztemagazin 08/2004, Histamin-Intoleranz
2) Jarisch, R. „Histaminunverträglichkeit“, Thieme Verlag TB 2. Auflage
3) Schmutz Helmut (Autor); Abbot, G.; Lieners C.; Mayer, I.; et.al; „Nahrungsmittelunverträglichkeit (Histamin Intoleranz)“, Sachbuch, Wien 2006
4) Sattler, J; Hafner, D; Klotter, HJ; et.al; „Food-induced histaminosis under diamine oxidase (DAO) blockade in pigs: Further evidence of the key role of elevated plasma histamine levels as demonstrated by successful prophylaxis with antihistamines„; Agents and Actions; Volume 27, Numbers 1-2 / April 1989
5) Maintz L, Yu C-F, Rodriguez E, et.al. „Association of single nucleotide polymorphisms in the diamine oxidase gene with diamine oxidase serum activities„, Allergy 2011
6) Stryer, L., Biochemie, Specktrum Akademischer Verlag, 4. Auflage
7) Beliz, H.D., Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer Verlag, 2001
8) P. Velicky, K. Windsperger, K. Petroczi, S. Pils, B. Reiter, T. Weiss, S. Vondra, R. Ristl, S. Dekan, C. Fiala, D. E. Cantonwine, T. F. McElrath, B. Jilma, M. Knöfler, T. Boehm, J. Pollheimer: Pregnancy-associated diamine oxidase originates from extravillous trophoblasts and is decreased in early-onset preeclampsia. In: Scientific Reports. Band 8, Nr. 1, 20. April 2018, doi:10.1038/s41598-018-24652-0.