Letzte Aktualisierung am 9. März 2025 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Die Histaminintoleranz, auch Histaminunverträglichkeit genannt, entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen oral aufgenommenen biogenen Aminen wie biogenen Aminen wie Histamin oder Tyramin und deren Abbau. Histamin und die anderen biogenen Amine erfüllen im Körper wichtige Funktionen. Wenn jedoch zu wenig der diese biogenen Amine abbauenden Enzyme, die Diaminoxidase (DAO) oder Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), vorhanden sind, können Symptome auftreten.
Ursachen der Histaminintoleranz
Wir wissen noch nicht was genau eine Histaminintoleranz verursacht, aber es gibt einige Faktoren die wohl eine Rolle spielen dürften. Die diskutierten Hauptursachen der Histaminintoleranz sind:
- Mangel an Nährstoffen: Kupfer und Vitamin B6 sind essenziell für die DAO-Funktion, während Vitamin C den Histaminabbau unterstützt.
- Verminderte DAO-Aktivität: Ein Mangel an DAO, häufig verursacht durch Darmschädigungen, kann dazu führen, dass Histamin nicht ausreichend abgebaut wird.
- Erhöhte Histaminaufnahme: Histaminreiche Lebensmittel wie reifer Käse, Wein oder fermentierte Produkte können Symptome verstärken.
- Darmbakterien: Bestimmte Bakterien im Darm können Histamin selbst produzieren und so zur Symptomatik beitragen.
- HNMT-Hemmung: HNMT reguliert Histamin innerhalb der Zellen. Gibt es hier eine Störung, so kann es zu einer schleichenden Histaminansammlung kommen.
Häufigkeit der Histaminintoleranz
Die Histaminintoleranz tritt bei ca. 1-3% der Bevölkerung auf. Nach einer Studie des nmi-Portals ist die Dunkelziffer jedoch sehr hoch, d.h. es sind vermutlich mehr Personen davon Betroffen. Laut einer Studie von Jarisch sind zirka 80% der Betroffenen Frauen, die meisten davon ab dem 40. Lebensjahr. In der Umfrage des nmi-Portals konnte diese Tendenz nicht verifiziert werden.
DAO und Schwangerschaft
Frauen berichten immer wieder, dass ihre Histaminintoleranz während der Schwangerschaft verschwindet und nach der Geburt wieder auftaucht. Das liegt daran, dass DAO von Schwangeren in sehr großem Ausmaß gebildet wird. Die DAO wird hier vermehrt in den Blutkreislauf abgegeben, um das Kind vor möglichen Histamin-Überschüssen zu schützen.
Abgrenzung zu anderen Erkrankungen
Die Histaminintoleranz wird oft mit anderen Erkrankungen verwechselt, darunter:
- Vagusnerv-Störungen: Da der Vagusnerv zahlreiche Körperfunktionen reguliert, können seine Symptome denen der Histaminintoleranz stark ähneln.
- Lebensmittelvergiftungen: Eine übermäßige Aufnahme von biogenen Aminen kann akute Vergiftungserscheinungen hervorrufen.
- Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS): Hier führt eine übermäßige Histaminausschüttung durch Mastzellen zu ähnlichen Symptomen.
- Nahrungsmittelallergien: Diese werden durch das Immunsystem vermittelt und müssen diagnostisch ausgeschlossen werden.
Behandlung und Therapie
- Ernährungsanpassung: Histaminarme Diät, am besten nach dem 3-Phasen-Modell
- Enzymtherapie: Einnahme von DAO-Präparaten kann helfen, Histamin abzubauen. Auch H1-Antihistaminika können unterstützend eingesetzt werden.
- Nährstoffversorgung optimieren: Supplementierung von Vitamin C, B6 und Kupfer kann die Enzymaktivität unterstützen.
- Stressmanagement: Chronischer Stress kann das Gleichgewicht des autonomen Nervensystems stören und Symptome verstärken. Atemübungen, Meditation und moderate Bewegung können helfen.
Histaminintoleranz ist eine komplexe Unverträglichkeit, die durch verschiedene Mechanismen ausgelöst wird. Eine individuelle Ernährungsstrategie, gezielte Nährstoffzufuhr und das Vermeiden von Triggerfaktoren können helfen, die Symptome zu lindern. Eine professionelle Diagnose und Betreuung durch Ärzte und Ärztinnen oder Ernährungsberater*innen ist empfehlenswert, um andere Erkrankungen auszuschließen und die richtige Behandlung einzuleiten.
Quellen (u.a.)
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