Letzte Aktualisierung am 9. März 2025 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Die Histaminintoleranz ist eine Unverträglichkeit gegenüber Histamin und anderen biogenen Aminen, die in vielen Lebensmitteln vorkommen und eine Vielzahl von Symptomen auslösen können. Diese Symptome können nach dem Verzehr histaminreicher Lebensmittel innerhalb von 20 Minuten bis vier Stunden auftreten und sind oft schwer von denen anderer Krankheiten zu unterscheiden. Zu den häufigsten Beschwerden gehören Kopfschmerzen, Hautrötungen (Flush), Bauchschmerzen, Durchfall und Übelkeit. Die Symptome können jedoch auch weniger häufig auftreten, wie Schwindel, Herzrasen, Schlafstörungen oder Hautausschläge.
Klassische Symptome der Histaminintoleranz
Histamin beeinflusst zahlreiche physiologische Prozesse im Körper, wodurch die Symptome der Intoleranz in fast allen Geweben und Organen auftreten können. Es gibt vier Haupttypen von Histaminrezeptoren (H1, H2, H3 und H4), die unterschiedliche Funktionen haben und in verschiedenen Körperbereichen vorkommen. Diese Rezeptoren sind entscheidend für die Reaktionen, die durch Histamin ausgelöst werden.
Rezeptor | Funktionen | Beispiele für Wirkung |
---|---|---|
H1 | Allergie Typ I, Entzündung, Juckreiz, Übelkeit | Heuschnupfen, Asthma, Schwellungen |
H2 | Magensäureproduktion, Herzfrequenz Steigerung | Sodbrennen |
H3 | Neurotransmitter-Regulation | Schlaf-Wach-Rhythmus, Hungergefühl |
H4 | Immunregulation, Entzündungen | Allergien, Asthma, Autoimmunerkrankungen |
In unserer Studie mit 141 Teilnehmern, haben wir folgende Verteilung von Symptomen gefunden: Am häufigsten waren Kopfschmerzen (38%) und Flush (36%; Hautrötungen im Gesichts- und Halsbereich), gefolgt von Bauchschmerzen (31%), Durchfall (26%), Nasenrinnen bzw. Nasenschleimhautschwellung (19%). Blähungen und Übelkeit verzeichneten wir jeweils mit etwa 17%, gefolgt von Herzrasen mit nur noch etwa 12%.
Weniger oft, aber immer noch in mehr als 5% der Fälle, kommen Ausschlag, juckende Haut, Müdigkeit, Schwindel und Kreislaufprobleme vor.
Die Symptome der Histaminintoleranz können zusammengefasst werden und wie folgt in Symptomgruppen unterteilt werden:
Gastrointestinale Symptome:
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Durchfall
- Übelkeit, selten Erbrechen
Neurologische Symptome:
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Nervosität
- Schlafstörungen
- Müdigkeit oder chronische Erschöpfung
Hautreaktionen
- Juckreiz
- Hautausschläge oder Urtikaria (Nesselsucht)
- Fleckige Rötung der Haut
- Hitzewallungen
- Kleine Schwellungen (z.B. Augenlieder)
- Quaddeln
Kardiovaskuläre Symptome:
- Herzklopfen, Herzrasen
- erhöhter Puls
- Niedriger Blutdruck (dann oft auch Schwindel, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Ohnmachtsgefühl oder Kollaps, Kalte Hände und Füße)
- Öfter Kreislaufprobleme
Atemwegsbeschwerden:
- Nasenrinnen
- Verstopfte Nase
- Niesen
- Husten
- Atemnot oder Keuchen
Genitaltrakt
- Regelschmerzen
- unregelmäßiger Zyklus
Die Symptomgruppe „Genitaltrakt“ konnte in unserer Umfrage 2012 nicht bestätigt werden, da keine einzige der Befragten diese Symptomgruppe erwähnte. Jarisch beschreibt in seinem Buch, dass ein Zusammenhang zwischen krampfartigen Regelschmerzen und Histaminintoleranz plausibel sein könnte.
Diese Symptome treten je nach Person und Tag unterschiedlich stark auf und können oft nicht eindeutig nachgewiesen werden, da sie tagesabhängig sind und von vielen anderen Faktoren beeinflusst werden können.
Wann treten die Symptome der Histaminunverträglichkeit auf?
Die meisten Symptome machen sich meist einige Minuten bis vier Stunden nach dem Konsum histaminreicher oder das Enzym DAO blockierender Nahrungsmittel bemerkbar. Nach einer Studie an 141 Betroffenen, treten bei 41% der Betroffenen die Symptome bereits wenige Minuten, bei 47% wenige Stunden nach dem Verzehr der entsprechenden Nahrungsmittel auf. Nur etwa 12% berichten von Symptomen an darauffolgenden Tagen. Dies dürfte allerdings auf andere Faktoren zurückzuführen sein, aber nicht auf die Histaminintoleranz.
Folgende Symptome werden von einigen Betroffenen zusätzlich berichtet, dürften aber vermutlich nicht direkt mit der HIT in Zusammenhang stehen, bzw. sind möglicherweise Folgesymptome von anderen HIT-Symptomen:
- Probleme beim Wasserlassen
- Schweißausbrüche
- Kribbeln in Fingern, Beinen
- Muskel/Gelenksschmerzen
- Augenjucken
- Sodbrennen
- Sehstörungen
- Tinnitus, Ohrensausen
- Zahn- und Kieferschmerzen
- raue, pelzige Zunge (Dürfte eher Symptom des Sodbrennens sein)
- Mundaphten oder sonstige Entzündungen im Mund (ebenfalls Zusammenhang mit Sodbrennen vermutet)
- verstärkte Akne
- Antriebslosigkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Stimmungsschwankungen/Weinerlichkeit/Aggressivität
- erhöhte Temperatur bzw. grippeartiges Gefühl
- …
Gedanken zum „Histaminfass“
Bei der Histaminintoleranz treten Symptome normalerweise innerhalb von wenigen Minuten bis zu vier Stunden nach dem Verzehr histaminreicher Lebensmittel auf. Wenn die Beschwerden erst später auftreten, stehen sie vermutlich nicht direkt im Zusammenhang mit der Histaminintoleranz. Histamin gelangt schnell in den Dünndarm (innerhalb von 10-20 Minuten) und wird dort rasch aufgenommen oder abgebaut. Es verbleibt nicht lange im Körper und wird normalerweise schnell verarbeitet.
Im Internet wird häufig das Bild eines „Histaminfasses“ verwendet, das im Laufe des Tages immer weiter aufgefüllt wird. Dieses Bild ist nicht völlig unzutreffend, kann jedoch leicht missverstanden werden, da der menschliche Körper wesentlich komplexer ist als ein einfaches Fass. Der Vergleich greift zu kurz, da unser Körper zahlreiche Mechanismen und Wechselwirkungen aufweist, die den Histaminspiegel beeinflussen und variieren lassen. Ein passenderes Bild wäre ein Fass mit vielen Löchern, durch die der Inhalt kontinuierlich verändert wird, mit chemischen Prozessen und Rückkopplungsmechanismen, mit einem Fassungsvermögen das sich ständig anpassen kann. Also kein sehr gutes Bild. Die Histaminintoleranz ist eine deutlich komplexere Angelegenheit als es dieses Bild vermuten lässt, weshalb man besser von diesem Vergleich absehen sollte.
Quellen
Hrubisko, M., Danis, R., Huorka, M., & Wawruch, M. (2021). Histamine Intolerance—The More We Know the Less We Know. A Review. Nutrients, 13(7), 2228. https://doi.org/10.3390/nu13072228
Jarisch, R. (Hrsg.). (2022). Histaminintoleranz: Ursachen, Symptome, Behandlung: alles für ein beschwerdefreies Leben (1. Auflage). TRIAS.
Kamp, A. (2008). Histaminintoleranz aus diätetischer Sicht. Neues aus Wissenschaft und Versorgung.
Och, U. (2024). Histaminunverträglichkeit. Ernährungs Umschau – Sonderheft 9: Lebensmittelunverträglichkeiten – Intoleranzen – Allergien, 88–95.
Reese, I., Ballmer-Weber, B., Beyer, K., Dölle-Bierke, S., Kleine-Tebbe, J., Klimek, L., Lämmel, S., Lepp, U., Saloga, J., Schäfer, C., Szépfalusi, Z., Treudler, R., Werfel, T., Zuberbier, T., & Worm, M. (2021). Leitlinie zum Vorgehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin. Allergologie, 44(10), 761–772. https://doi.org/10.5414/ALX02269
Smollich, M., & Vogelreuter, A. (2018). Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Lactose – Fructose – Histamin – Gluten: mit 45 Abbildungen, 43 Tabellen und einem Arbeitsbogen zur Anamneseerhebung zum Download unter www.Online-PlusBase.de (2., überarbeitete und erweiterte Auflage). WVG, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
Zechmann, M. (2012) Umfrage unter Betroffenen am nmi-Portal, nahrungsmittel-intoleranz.com