Ist die FODMAP-arme Ernährung eine Möglichkeit die Fructoseintoleranz diätetisch zu behandeln? Im englischen Sprachraum ist dieser Ansatz weit verbreitet, aber ist er auch sinnvoll? Um das beantworten zu können müssen wir uns etwas genauer mit dem Thema FODMAP beschäftigen.
Was sind FODMAPs?
Unter FODMAP versteht man fermentierbare Oligo- und Disaccharide,Monosaccharide und (engl: and) Polyole. Fermentierbar heißt, dass es sich um Stoffe handelt, die Bakterien im Darm unter anderem zu Gasen verarbeiten können und so Blähungen verursachen. Oligosaccharide sind Kohlenhydrate wie Fruktane und Galaktane. Diese kommen zum Beispiel in Weizen, Zwiebeln und Knoblauch vor. Mit Zweifachzucker ist die Laktose, mit Monosaccharide ist die Fructose gemeint. Die Fructose nimmt allerdings einen Sonderfall ein, denn es geht bei der FODMAP-Diät nicht um die Gesamtfructose, sondern um den Fructoseüberschuss. Ein Beispiel: Die Ananas hat 5,1g Fructose und 4,7g Glukose und gilt bei Fructoseintoleranz als schlecht verträglich. Eine Portion (200g) würde nämlich fast 10g Fructose enthalten. Aufgrund des geringen Fructoseüberschusses von 0,4g ist sie aber in der FODMAP-Diät erlaubt. Unter Polyole versteht man die Zuckeralkohole Sorbitol, Mannitol, Xylitol und Maltitol.1) Alle diese Kohlenhydrate müssen fermentierbar sein, also von den Bakterien im Darm verstoffwechselt werden können. Polyole wie Erythritol fallen also nicht darunter, weil sie in diesem Sinne nicht fermentierbar sind.
2005 publizierten Sue Sheperd und Peter Gibson von der Monash-University in Melbourne, Australien, ein Paper, in dem sie Morbus Crohn mit diesen FODMAPs in Verbindung brachten2). Schon bald war klar, dass man mit einer FODMAP-armen Diät vor allem Reizdarmpatienten Linderung verschaffen kann. Das wurde auch in Studien belegt.
Was ist Reizdarm?
Um also die Frage klären zu können, ob eine FODMAP-arme Ernährung für Fructoseintoleranz-Patienten empfehlenswert ist, müssen wir klären, was ein Reizdarm überhaupt ist. Reizdarmpatienten verspüren neben anderen Symptomen oft einen starken Schmerz, wenn der Darm gedehnt wird. Das passiert, wenn sie blähendes Essen zu sich nehmen und sich die Luft im Bauch ausdehnt. Die Diagnose Reizdarm wird aber als allerletzte Diagnose gestellt. Zuvor werden alle anderen Erkrankungen und Intoleranzen ausgeschlossen. D.h. man macht zuerst H2-Atemtstes auf Laktose- oder Fructoseintoleranz. Nur wenn diese negativ sind oder eine entsprechende Diät keine Linderung bringt und eben alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen sind, wird die Diagnose Reizdarm gestellt. Diese Diagnose ist meist die letzte Station eines Untersuchungs-Marathons.
FODMAP – das Geschäft
Im englischen Sprachraum kommt es häufig vor, dass man aus wissenschaftlichen Erkenntnissen versucht, ein Geschäft zu machen. Man sieht dies sehr gut bei den FODMAPs. Die „Low FODMAP Diet“ wird als Trademark von der Monash-University geführt, es gibt eine sehr teure App, zertifizierte Nahrungsmittel, Bücher, Trainingskurse u.v.m. Das Geschäft boomt. Man gebe mal „FODMAP“ in die Amazon-Suche ein…
FODMAP-arm ja oder nein?
Wir fassen zusammen: FODMAPs sind bestimmte Zucker und Zuckeralkohole. Dazu gehören z.B. Laktose, Fructose und Sorbit. Wer sich nach der Low FODMAP Diät ernährt, lässt all das weg bzw. isst es nur in geringen Mengen. Bei der Fructose geht es um den Fructoseüberschuss, nicht um die Gesamtfructose. Hieraus ist schon ersichtlich, dass die FODMAP-arme Ernährung bei Fructoseintoleranz nicht sinnvoll ist. Zum einen lässt man viele Nahrungsmittel weg, die man sehr gut vertragen würde. Man muss z.B. auf viele Milchprodukte und Weizenprodukte verzichten, die aber bestens geeignet wären. Andererseits darf man gewisse Nahrungsmittel essen, die man eigentlich besser meiden sollte. Wir haben die Ananas als Beispiel gesehen. Es gibt aber noch andere Beispiele wie die Kiwi, Orangen oder Trauben. Die Liste wäre noch viel länger.
Dieser Umstand ist übrigens auch den Monash-Forschern bekannt und sie weisen darauf in ihren Publikationen immer explizit hin: Die FODMAP-Ernährung ist für Reizdarmpatienten gedacht, nicht für Menschen mit Fructoseintoleranz3).
Und doch schwappt dieser Ernährungstrend auch für die Fructoseintoleranz nach Europa über. Zum einen dank der guten Werbemaschinerie, die diese Erklärungen nicht so genau kommuniziert, zum anderen, weil in diesen Ländern oft keine richtigen Diagnosewege stattfinden. Personen mit Darmproblemen werden sofort auf die Reizdarm-Diät gesetzt, selbst wenn sie keinen Reizdarm haben. Ein H2-Atemtest findet nicht statt. FODMAP hat sich als Schlagwort so gut verankert, dass man es sofort empfiehlt, ohne sich Gedanken zu machen, ob diese strikte Ernährung überhaupt sinnvoll ist.
Wir können also klar sagen: Eine FODMAP-Diät ist bei Fructoseintoleranz nicht sinnvoll, denn sie schränkt viel zu sehr ein und erlaubt andererseits unverträgliche Nahrungsmittel.
Quellen
1) Gibson PR, Shepherd SJ. „Evidence‐based dietary management of functional gastrointestinal symptoms: The FODMAP approach“; Journal of Gastroenterology and Hepatology, 2010; https://doi.org/10.1111/j.1440-1746.2009.06149.x
2) Gibson PR, Shepherd SJ. „Personal view: food for thought—western lifestyle and susceptibility to Crohn’s disease. The FODMAP hypothesis“. Aliment. Pharmacol. Ther. 2005; 21: 1399–409. https://doi.org/10.1111/j.1365-2036.2005.02506.x
3) https://www.monashfodmap.com/about-fodmap-and-ibs/