Letzte Aktualisierung am 9. September 2024 von Dr. Michael Zechmann-Khreis
Du hast grade die Diagnose bekommen und kennst dich nun nicht mehr aus? Wie geht es weiter? Was kannst du noch essen? Hier erklären wir allen Neulingen die Grundlagen der intestinalen Fruktoseintoleranz (Fruktosemalabsorption). Dieser Artikel ist ein erster Einstieg in das Thema, der die anfängliche Verwirrung beseitigen soll.
Du hast zusätzlich noch Fragen? Stelle Sie in unserer Gruppe auf Facebook.
Fruktoseintoleranz oder Fruktosemalabsorption
Man unterscheidet zwischen der hereditären (erblichen) Fruktoseintoleranz und der Fruktosemalabsorption. Bei der hereditären Fruktoseintoleranz besteht ab Beginn der Beikost ein Problem mit der Fruktoseverarbeitung, das heißt, diese Form entwickelt sich im Erwachsenenalter nicht mehr. Auf dem nmi-Portal sprechen wir ausschließlich über die Fruktosemalabsorption. Bei dieser Form wird Fruktose nicht richtig aufgenommen, was zu Symptomen führt. Sobald Symptome auftreten, spricht man von einer intestinalen (die Verdauung betreffenden) Fruktoseintoleranz.
To-Dos nach der Diagnose
Als erstes solltest du einen Termin bei einer staatlich anerkannten Ernährungsberatung machen, die sich mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten auskennt. Ausserdem ist ärztlich zu klären, ob du noch andere Unverträglichkeiten hast.
Symptom- und Ernährungstagebuch führen
Ein sogenanntes Symptom- und Ernährungstagebuch zu führen, ist sehr wichtig. Dadurch können die behandelnden Mediziner*innen bzw. Ernährungsberater*innen die Symptome deutlich leichter eingrenzen. Ein solches Tagebuch ist sinnvoll, weil die Symptome oft sehr zeitverzögert (mehrere Stunden) auftreten können. Dadurch kann man selbst oft nicht den richtigen Zusammenhang zwischen Nahrung und Symptom erkennen. In der Praxis ist das ein großes Problem, da viele Betroffene ihre Symptome mit Nahrung in Zusammenhang bringen, die oft nichts mit den Beschwerden zu tun hat. Wichtig: Bei der Fruktoseintoleranz treten die Symptome nicht sofort nach dem Essen auf, sondern erst, wenn die Fruktose im Dickdarm angekommen ist. Das dauert zwischen 20 Minuten und mehreren Stunden.
Das drei Phasen-Programm
1. Karenzphase | 2. Testphase | 3. Dauerernährung |
---|---|---|
streng fruktosearme Ernährung, „Fruktose-Fasten“ | Austesten der individuellen Verträglichkeiten | Fruktosereduzierte, aber nicht fruktosefreie Diät! |
Verzicht auf Zucker, Obst und Gemüse. | Alle 2 Tage ein neues Nahrungsmittel testen, Zuckeralkohole testen | Immer wieder an die eigenen Grenzen gehen; Ebenso Zuckeralkohole nicht vollständig meiden. |
Dauer: ca. 2 Wochen | Dauer: max. 6 Monate | Einmal jährlich Fruktose-Fasten für ca. 2 Wochen |
Kurz & Knapp: Essen bei Fruktoseintoleranz
- Enzympräparate: Nur in Ausnahmefällen verwenden! Diese Präparate sollten nicht als Dauermedikation verwendet werden, da sie im Speisebrei die Fruktose in Glukose umwandeln und so auf Dauer zu viel Glukose (Traubenzucker) im Verdauungstrakt ist. Das kann Darmfehlbesiedelungen fördern und bringt den Insulin-Haushalt durcheinander. Beim Ausgehen, im Urlaub oder in Ausnahmefällen ist das aber kein Problem!
- Einige FAQs zu Fruktoseintoleranz
- Mangelerscheinungen sind in der Karenzphase nicht zu befürchten
- In der Daueernährung sollte man sich ausgewogen ernähren
- Mineralstoffreiches Mineralwasser (am besten basisches) und Leitungswasser sollte man viel trinken.
- Softdrinks sind schlecht verträglich; Light-Getränke meistens gut verträglich
- Ballaststoffe müssen individuell ausgetestet werden, sollten aber auf keinen Fall vollständig vom Speiseplan gestrichen werden; Daher, wenn verträglich, immer wieder Vollkornmehl und Vollkornreis verwenden (Bitte vorher testen!)
- Präbiotische Nahrungsmittel (enthalten Oligofructose, Inulin …) sind gut für das Darmmikrobiom und können problemlos ind er Dauerernährung verzehrt werden, da die Fructose hier gebunden ist und sowieso nicht resorbiert werden kann
- Mindestens 3 mal pro Woche Obst und Gemüse essen. Dabei hildt die App „Frag Ingrid!„.
- Obst ist am besten nach einer Hauptmahlzeit und eher am Nachmittag verträglich
- Nach der Karenzzeit nicht völlig auf Fruktose verzichten! Das schadet und veschärft die Problematik. Individuell herausfinden, wieviel Fruktose du verträgst und diese Menge immer wieder in Frage stellen und deine Grenzen austesten.
- Traubenzucker verbessert die Aufnahme von Fruktose. Achtung: Traubenzucker nicht zu oft verwenden! Lieber auf fruktosehaltiges Essen verzichten. Traubenzucker sollte nur als „Notlösung“ verwendet werden, es besteht die Gefahr eine Insulinersistenz zu fördern.
Muss ich die genauen Fruktosemengen in Gramm beachten?
Nein! Das genaue Ausrechnen von Fruktose- und Glukosegehalten ist nicht zielführend und wird nicht empfohlen. In der Testphase kann man gut lernen auf seinen Körper zu hören und Nahrungmittel auf ihre Verträglichkeit einzuschätzen. Hierfür sind unsere Tabellen und Listen mit den Zuckergehalten sinnvoll. Ebenso unsere App „Frag Ingrid!“. Sie sollten aber nicht dazu verwendet werden genaue Fruktose- oder Glukose-Mengen auszurechen und dann nach diesen Mengen zu leben! Wer das tut läuft Gefahr seine eigene Fruktosetoleranz zu verschlechtern.
Ist Obst bei Fruktoseintoleranz verträglich?
Theoretisch kann man jedes Obst das mehr Traubenzucker als Fruchtzucker aber in Summe wenig Fruktose enthält essen. Gut verträglich sind meistens Papaya, Banane oder Mandarine. Eine genaue Auflistung verträglicher Nahrungsmittel findest du in der App „Frag Ingrid!“.
Kann man Fertigprodukte und Sorbit essen?
Gewisse Zuckeralkohole blockieren vermutlich das Transportsystem im Darm, das bei Menschen mit Fruchtzuckerunverträglichkeit nur noch mangelhaft funktioniert. Diese Stoffe sind also zu vermeiden. Dazu zählen Sorbit (Sorbitol), Mannit und andere, aber nicht alle, Zuckeralkohole. Diese Stoffe finden sich gerne in Kaugummis, Süßigkeiten und Fertiggerichten, müssen jedoch in der Zutatenliste auf der Verpackung angegeben werden.
Wie ist das mit dem Zucker?
Normaler Haushaltszucker ist in geringen Mengen für die meisten Patienten in der Dauerernährung ohne Probleme zu genießen!
Haushaltszucker (Saccharose) ist ein Zweifachzucker. Er besteht aus einem Molekül Fruchtzucker und einem Molekül Traubenzucker. Da Traubenzucker die Aufnahme von Fruchtzucker erleichtert, ist Haushaltszucker in Maßen normalerweise gut verträglich (nach der Karenzphase).
Kann ich Alkohol trinken?
Lager-Bier kann gut vertragen werden, Weißbier (trübes Bier) wird oft schlechter vertragen. Lager-Bier kann auch wie eine Schorle mit Sodawasser gestreckt werden („Saurer Radler“). Trockene Weine sind meistens in kleinen Mengen relativ gut verträglich, Süßweine meistens schlechter. Generell gilt: Je süßer ein alkoholisches Getränk ist, desto schlechter ist es verträglich. Alkohol reizt den Darm und macht ihn permeabler. Ein gereizter Darm sollte daher nicht zusätzlich mit Alkohol belastet werden.
Kann ich mit Enzympräparaten alles wieder essen?
Nein. Die angebotenen Präparate wandeln Fruktose (keine Zuckeralkohole!) im Verdauungstrakt in Glukose um. Sie sollten nur in Ausnahmefällen verwendet werden und sind nicht zum Dauereinsatz vorgesehen.
Welche Diagnosemethoden sind zuverlässig?
Aktuell gibt es nur die Möglichkeit über den H2-Atemtest (mit 25g Fruktose in Wasser aufgelöst; beim Arzt durchzuführen, nicht zu Hause machen) zu testen. Heimtests oder andere Diagnosemethoden wie Bioresonanz, Spucketest, Haaranalyse, Auspendeln oder dergeleichen können keine Fruktoseintoleranz feststellen.
Quellen u.a.:
Stryer, L., Biochemie, Specktrum Akademischer Verlag, 4. Auflage
Zechmann, M.; Masterman, G.; „Nahrungsmittel-Intoleranzen: Erste Hilfe bei der Diagnose“, Berenkampverlag, 2012;
Drozdowski L, Thomson A.; „Intestinal sugar transport“, World J Gastroenterol 2006 March 21; 12(11):1657-1670