Soll man sich trotz Histaminintoleranz gegen Covid-19 impfen lassen? Dieser Blogeintrag hat mich erstmals seit meiner Karriere als Journalist in den Bereich einer Schreibblockade gebracht. Denn das Thema Corona-Impfung ist emotional aufgeladen, wird in den Medien, vor allem den sozialen Medien, unglaublich undifferenziert und mit erschreckend falschen Argumenten diskutiert. Es wird mit Ängsten gespielt, es werden bewusst Falschinformationen verbreitet und das schlimmste: es werden auch unabsichtlich Falschinformationen verbreitet.
Update 11.1.2021:
nmi-Portal Studie zur Verträglichkeit der Corona-Impfung.
Denn mal ehrlich: Wer von uns ist schon Virologe oder Impfspezialist? Wer hat Wörter wie „Virologe“, „mRNA“ oder „Antigen-Schnelltest“ vor der Corona-Pandemie überhaupt gekannt? Als Biologe muss ich gestehen, ich kannte zwar diese Begriffe, aber ich habe mich nicht ausgekannt. Denn zwischen etwas im Studium gehört zu haben und sich auskennen, da liegt eine ganze Welt dazwischen.
Ich möchte in diesem Beitrag nicht über das Für und Wider sprechen, nicht die Impfungen erklären oder den Mechanismus der mRNA-Impf-Methode erläutern. Es geht mir heute um etwas anderes:
Histaminintoleranz und die Corona-Impfung. Ist das sicher?
In verschiedenen sozialen Medien geistert derzeit dieses Gespenst umher, dass man sich als Patient*in mit Histaminintoleranz besser nicht gegen Corona impfen lassen sollte, da es zu schweren Schäden kommen könnte bzw. man „sicher auf diese Impfung mit einem anaphylaktischen Schock“ reagieren würde. Aber ist das so? Oder poltern hier wieder mal unwissende, angsterfüllte Menschen ohne medizinischen Background?
Da ich selbst auch nicht Experte auf dem Gebiet bin, habe ich verschiedene Ärzte und Biolog*innen kontaktiert, die hier Expert*innen sind. Zum einen Expert*innen für Histaminintoleranz, zum anderen Expert*innen für Impfungen. Auch Biontech, den Hersteller der aktuell zugelassenen Impfung, habe ich kontaktiert und sogar Antwort bekommen. Diese Gespräche und Infos fasse ich euch hier zusammen.
Zusammenfassung: Impfen gegen Corona trotz Histaminintoleranz
- Reagieren Menschen mit Histaminintoleranz häufiger und schwerer auf Impfungen, als normale Patient*innen?
Laut dem Positionspapier des Paul Ehrlich-Instituts ist das vermutlich nicht so. Die Impfung müsste gleich gut vertragen werden. Auch die Einschätzung der Ärzte und Virolog*innen, die ich kontaktiert habe, geht in diese Richtung. Explizite Daten von Patient*innen mit Histaminintoleranz gibt es aber nicht. Darauf hat man in den Studien nicht geachtet. Auch aus der Praxis fehlen hier Daten. - Ist bei den Corona-Impfstoffen etwas zu bedenken für Menschen mit Histaminintoleranz?
Sollte man schon mal einen anaphylaktischen Schock erlitten haben – unabhängig davon warum das passierte –, sollte man derzeit von der Impfung Abstand nehmen. Besser ist hier später zu impfen wenn mehr Daten vorliegen. Hat mein keinen anaphylaktischen Schock erlebt, so sollte man auf den Umstand der Histaminintoleranz oder auf Autoimmunerkrankungen vor der Impfung hinweisen. Also wie immer: Sprecht die Impfung und jegliche Medikamenteneinnahme mit dem Hausarzt/der Hausärztin und der/m euch impfenden Arzt/Ärztin ab. Und das wurde mir immer wieder gesagt: Lasst euch in so einem Fall nur dort impfen, wo auch eine medizinische Notfallversorgung vorhanden ist, bzw. wenn das medizinische Impfteam auf einen Schock vorbereitet wäre.
Außerdem wichtig: Mindestens 15 Minuten nach der Impfung abwarten und nicht sofort heimgehen! - Gibt es da schon Erfahrungen, bzw. was sagt die Statistik?
Bisher (Stand 4.1.2021) wurden weltweit fast 13 Millionen Corona-Impfungen durchgeführt. Das heißt rein statistisch gesehen sind hier mindestens 130.000 Menschen mit Histaminintoleranz dabei gewesen. Die starken Nebenwirkungen waren im Bereich von unter 0,002% und betrafen zu einem Großteil Menschen mit einer anaphylaktischen Vorgeschichte. Umgerechnet auf Menschen mit Histaminintoleranz die bisher vermutlich geimpft wurden, wären das 2-3 Personen von 130.000 geimpften. Die Wahrscheinlichkeit im Lotto irgendetwas zu gewinnen liegt bei ca 2%. Du wirst also eher im Lotto deinen Einsatz zurück gewinnen, als eine schwere Impfreaktion haben. Also ja, es gibt Erfahrungswerte, wenn auch nicht spezifisch auf die Histaminintoleranz geschaut wurde. Doch statistisch kann man sich ein Bild machen. - Könnte man vorsichtshalber ein Antihistamin vor der Impfung nehmen?
Darauf habe ich leider keine explizite Antwort bekommen. Sprecht es jedenfalls mit dem impfenden Arzt/Ärztin ab!
Das Fazit zur Corona-Impfung
Das Fazit für Menschen mit Histaminintoleranz ist dasselbe wie für Menschen ohne: Impfen ist sinnvoller als nicht impfen. Die Wahrscheinlichkeit einer schweren Impfreaktion ist minimal. Die Wahrscheinlichkeit daran zu sterben geht gegen Null. Die Wahrscheinlichkeit Covid-19 zu bekommen und schwere Folgen dieser Erkrankungen zu haben (und dazu gehört auch der Tod) ist deutlich höher. Ich entscheide mich da klar für die Impf-Variante und hoffe, so schnell wie möglich an der Reihe zu sein.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
- Ärzt*innen sollten eine sorgfältige Anamnese hinsichtlich möglicher Allergien und Intoleranzen machen
- Nahrungsmittelassoziierte Allergien oder Intoleranzen sind kein Grund sich nicht impfen zu lassen
- Wer schon mal einen anaphylaktischen Schock hatte, sollte mit dem impfenden Arzt/Ärztin und dem Hausarzt/ärztin sprechen
- Nach der Impfung mindestens 15 Minuten warten, nicht gleich nach Hause gehen
- Einrichtungen zum Management von anaphylaktischen Reaktionen sollten am Impfort vorhanden sein
- Die Wahrscheinlichkeit, auch für Histaminintoleranzpatient*innen, eine schwere Impfreaktion zu bekommen liegt statistisch gesehen bei unter 0,0002%. Das ist praktisch Null
- Die Erfahrung laut Statistik zeigt: Histaminintoleranz ist kein Grund nicht zu impfen
- Mein persönlicher, nicht-medizinischer Tipp: 2 Tage vor der Impfung auf das Histaminfass achten und eher schauen, dass das Fass leer ist, wenn ihr impfen geht.
Kurz um: Keine Angst, keine Panik. Lasst euch nicht verunsichern und lasst euch impfen. Helft damit nicht nur euch, sondern schützt auch die, die tatsächlich nicht geimpft werden können. Das sind z.B. Menschen die eine Chemoptherapie bekommen, Neugeborene oder Säuglinge. Also die, die es eh schon nicht leicht haben und schutzlos sind. Allein schon aus Respekt vor diesen Menschen, den Schwächsten der Gesellschaft, sollten wir uns impfen lassen.
Positionspapier des Paul Ehrlich-Instituts:
https://www.pei.de/DE/newsroom/positionen/covid-19-impfstoffe/stellungnahme-allergiker.html;jsessionid=0752352955A8247301CB3E2B46F01091.intranet241
Stellungnahme der Arbeitsgruppe Allergologie, Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) https://www.allergologie.at